Den 15.4.1935
Herrn Stijn StreuvelsIngoyghem
bei Kortrijk / Belgien
Hochverehrter Herr Streuvels!
Nach meiner Abreise[1] hatte ich noch einige Tage im Rheinland zu tun und bin daher erst Freitag zurückgekehrt, wobei es zuerst einige dringende Arbeiten zu erledigen galt. Heute wollte ich Ihnen ohnedies für die schönen Stunden im Lijsternest danken und kann dies nun gleich mit einem Dank für Ihren freundlichen Brief vom 12. April[2] vereinigen, der wegen des Sonntags erst heute morgen in meine Hand kam. Der Besuch bei Ihnen wird immer zu meinen schönsten und freundlichsten Erinnerungen zählen, und ich bedaure nur, daß das Wetter so abscheulich gewesen ist. Allerdings hat ja gerade während meines Besuchs die Sonne geschienen, und so werde ich das Lijsternest im Gedächtnis behalten. Am nächsten Tag regnete es so unbeschreiblich, daß ich darauf verzichtete, Gent wieder anzusehen, und direkt nach Aachen zurückfuhr.
In Köln besuchte ich Herrn D[okto]r Rang, von dem ich Ihnen ja berichtet hatte. Fräulein Schmülling steht mit ihm in Verbindung und hatte geschrieben, daß er ein besonders guter Kenner sei. Es stellte sich aber heraus, daß Herr D[okto]r Rang überhaupt nicht Flämisch kann und daß seine Meinung mehr von [2]einem Freund stammt, der zudem noch verstorben ist! Aber wir brauchen wohl Herrn Rang nicht, denn für gewisse Lektorendienste ist Fräulein Schmülling sicherlich ausgezeichnet. Ich werde ihr daher heute die "Werkmenschen" senden und bitte sie, die zwei nicht übersetzten Erzählungen gleich für mich zu lesen,[3] ebenso aber auch die "Uitzicht der Dingen", so daß wir uns recht bald darüber schlüssig werden können, welche der Erzählungen wir zuerst bringen. Selbstverständlich braucht diese Novelle durchaus nicht von Fräulein Schmülling übersetzt zu werden.
Wegen Werner Ackermann will ich mich noch etwas näher erkundigen. Er muß nämlich als deutscher Schriftsteller Mitglied der Reichsschrifttumskammer sein, um eine deutsche Übersetzung veröffentlichen zu dürfen.[4] Diese Dinge werden jetzt in Deutschland ziemlich streng gehandhabt. Sobald ich näheren Bescheid weiß, schreibe ich Ihnen.[5]
Wichtig ist es mir nun auch, zuerst die Übersetzung von "Minnehandel" durch Frau Valeton kennen zu lernen, damit ich mir mein eigenes Urteil über diese Übersetzerin bilden kann. Dankbar wäre ich Ihnen nur, wenn Sie Ihren Verleger[6] veranlassen würden, uns ein Exemplar der flämischen Originalausgabe von "Minnehandel" zu schicken, damit ich Übersetzung und Original vergleichen kann, und bitte dann ebenfalls noch "Uitzicht der Dingen" und "Dorpsgeheimen" beifügen zu lassen.
Sehr wertvoll ist mir die Übersendung der Vertragsabschriften mit Langen-Müller, Quitzow und Rieder.[7] Ich habe darnach einen kurzen Optionsvertrag formuliert, den ich hier beifüge.[8] Wenn Sie damit einverstanden sind, so bitte ich um Unterzeichnung und Rückgabe eines Stücks. Ich habe im beiderseitigen Interesse darauf verzichtet, in diesem Vertrag bereits die Bedingungen im einzelnen festzulegen, zumal ich bestimmt [3]hoffe, daß wir uns sehr leicht in jedem einzelnen Fall einigen werden. Es kann nämlich bei Büchern von kleinerem Umfang, wie dies Novellen sind, unter Umständen praktischer sein, sie gegen eine einmalige Pauschalsumme zu erwerben.
Ich benütze diese Gelegenheit, um Ihnen das Werk von Professor Gradmann: "Süddeutschland"[9] senden zu lassen, und hoffe, daß es Ihnen Freude macht. Es ist in der wissenschaftlichen Abteilung unseres Verlags erschienen, die nicht von mir, sondern von meinem Senior-Teilhaber Herrn D[okto]r h[onoris causa] Schumann geleitet wird.
Ich hoffe, daß diese Zeilen Sie bei guter Gesundheit und besserem Wetter antreffen, und wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein recht schönes Osterfest.[10] Bitte wollen Sie auch Frau Lateur meinen herzlichen Dank für die große Gastfreundschaft aussprechen.
In aufrichtiger Verehrung
Ihr ergebener
(handtekening Adolf Spemann)
(handtekening Adolf Spemann)
Annotations
[1]
Op 8 april had Adolf Spemann Streuvels in het Lijsternest in Ingooigem een (zakelijk) bezoek gebracht.
[2]
Cf. brief van Stijn Streuvels aan Adolf Spemann van 12 april 1935.
[3]
Van De werkman was reeds een Duitse vertaling van de hand van Anton Kippenberg verschenen: Der Arbeiter. Eine Erzählung. Van Kerstmis in Niemandsland en Het leven en de dood in den ast was nog geen Duitse vertaling gepubliceerd.
[4]
De 'Reichsschrifttumskammer' had als nationaal-socialistische organisatie en met de hulp van de Sicherheitsdienst en de Gestapo de controle over 2500 uitgevers, over ongeveer 25.000 boekhandelaars, over 12.000 leden van de 'Reichsverband Deutscher Schriftsteller' (RDS-leden), over ca. 20.000 nieuwe titels per jaar, over meer dan een miljoen titels in de boekhandel, over vijftig belangrijke literatuurprijzen en over duizenden lezingen van Duitse literatoren. H. Speliers, Als een oude Germaanse eik, p. 227
[5]
Cf. verder de brief van Adolf Spemann aan Stijn Streuvels van 12 juli 1935.
[6]
De Amsterdamse uitgeverij L.J. Veen.
[7]
Dit document, dat Streuvels bij zijn brief aan Spemann van 12 april 1935 voegde, bevat 3 uittreksels uit contracten met resp. Langen-Müller (art. 8), Otto Quitzow en Rieder uit Parijs.
[8]
Met deze overeenkomst, d.d. april 1935, verbond Streuvels zich ertoe zijn werken die nog niet in het Duits waren vertaald, allereerst aan J. Engelhorns Nachf. aan te bieden.
[9]
Robert Gradmann, Süddeutschland. Stuttgart, J. Engelhorns Nachf. Verlag, 1931.
[10]
Pasen viel in 1935 op 21 april.
