12. Dez[ember] 1921.
Sehr verehrter Herr Streuvels!
Ich danke Ihnen bestens für Ihren freundlichen Brief vom 13. November. mit dem angelegten Zeitungsausschnitt betreffend das Verhaeren-Haus.[1] Ich habe mich sogleich bei einer Stelle, deren Vertrauenswürdigkeit ich kenne, über die Sachlage erkundigt, und folgende Antwort erhalten.
"Ich freue mich, Ihnen in der Verhaeren-Sache Aufklärung geben zu können. Es ist leider Tatsache, dass das Haus Verhaerens - und zwar tragischer Weise am letzten Tage des Krieges - zerstört worden ist, aber es geschah, wie selbst feindliche Zeugen mitgeteilt haben, nicht durch deutsche Schuld, sondern durch englische Granaten. Das Haus lag immer innerhalb der deutschen Front, und auch beim Rückzug ist es vor dem Waffenstillstand nicht in die Hände der Entente gekommen, sondern wurde in den letzten Tagen, wo die Deutschen schon keinen Widerstand mehr leisteten, mit schweren Granaten belegt, wobei es in Brand geriet. Das wissen die Belgier ganz genau, sie nennen aber nur in diesem wie in so vielen Fällen alles was in diesem Kriege zugrunde ging als durch deutsche Schuld, also von Deutschen zerstört. Den Sachverhalt hat bisher niemand anzufechten versucht, und die Zeugnisse sind zu authentisch, als dass jemals behauptet werden könnte, es sei mit Absicht oder durch militärische Massregeln von den Deutschen vernichtet worden. Gegen einzelne Zeitungslügen kämpfen, das wissen ja alle, auch die Götter selbst vergeblich."
Die Sache liegt also so, wie ich sie von vorn herein angenommen hatte.
In aufrichtiger Hochschätzung bin ich
Ihr sehr ergebener
(handtekening Anton Kippenberg)
(handtekening Anton Kippenberg)
LEIPZIG
13.12.21
Herrn Stijn Streuvels,
Jngoyghem (Belgien).
Jngoyghem (Belgien).
Annotations
[1]
Cf. brief van Stijn Streuvels aan Anton Kippenberg d.d. 13 november 1921.
