19. April 1922.
Hochverehrter Herr Streuvels!
Von Ihnen wieder einmal zu hören, hat mich aus mancherlei Gründen herzlich gefreut.
[1] Noch mehr wünschte ich, dass wir, statt brieflich, noch einmal im Leibe, wie Sankt Paulus sagt, beisammen wären. Führt Ihr Weg Sie nicht endlich einmal nach Leipzig?
Dass Sie über Bücher des
Insel-Verlages in der letzten Zeit wenig gelesen haben, hat nicht etwa darin seinen Grund, dass unsere Produktion nachgelassen hätte. Im Gegenteil: wir sind eifriger und fleissiger denn je, und bauen weiter in die Höhe und Breite. Seit einiger Zeit erscheint bei uns eine eigene Verlagszeitschrift, die unsere Freunde durch Aufsätze, Proben und sonstige Mitteilungen über unsere Tätigkeit auf dem laufenden halten soll.
[2] Das, was bisher erschienen ist, sende ich Ihnen nach Ingoyghem, und werde die weiteren Hefte regelmässig folgen lassen. Gern würde ich schon jetzt ein Exemplar von
Otto Braun[3] hinzufügen, doch ist es zurzeit vergriffen, und ich muss Sie daher bitten, sich noch einige Wochen freundlichst zu gedulden.
Was Sie über Ihre weiteren schriftstellerischen Arbeiten schreiben, hat mich sehr interessiert, besonders sehe ich, wie Sie sich denken können, Ihrem Buch über Flandern mit Spannung entgegen. Ich habe starke Sehnsucht nach diesem Garten Gottes, bezweifle aber, [2]ob sie jemals sich noch wird stillen lassen. Dafür aber kommen Sie gelegentlich als ein Bote aus dem gesegneten Land, nichtwahr?
Mit vielen Grüssen bin ich
in aufrichtiger Hochschätzung der Ihrige
(handtekening Anton Kippenberg)
Annotations
[2]
'Verlagszeitschrift':
Das Inselschiff. Eine Zweimonatsschrift für die Freunde des Inselverlages. Vols. 1-23, Leipzig, 1919-1942.
[3]
Otto Braun, J. Vogelstein [edit.],
Aus nachgelassenen Schriften eines Frühvollendeten. Berlin, Klemm, 1921, 304 S. mit Illustrationen.