Ehrwürd’ger Vater![1]
Hätten Sie mir aùch nicht erlaùbt, an Sie zù schreiben so hätte ich es doch nicht ùnterlassen können, Sie als Mittwisser meines Glückes zù machen. Nachstehendes teile ich Ihnen gùten Vater mit, weil ich weiß daß ich Ihnen Freùde damit bereite. Nùn mùß ich Sie aber zùvor bitten verzeihen zù wollen, wenn ich etwas Langweilig werde, denn das, welches ich Ihnen mittheilen[2] will, ist so bedeùtend für mich, daß ich etwas aùsführlich sprechen mùß.
Am Abend nach meiner letzten Beichte, wùrde ich so ängstlich ù. beklommen,[3] daß ich nicht wùßte, wie ich daran war, ich hatte doch aùfrichtig gebeichtet, dieses p2dieses[4] wüßte ich, ich rief mir all Ihre mir bis in das innerste[5] meines Herzens dringende Worte ins Gedächtniß, nichts konnte meine Stimmùng ändern.
Dazù bildete ich mir mit Hülfe[6] des Vaters ein, das mir meine Sünde nicht vergeben seien weil meine Beichte nicht reùig[7] genùg gewesen sei.[8]
Nùn saß ich mit solchen gräßlichen[9] Einflüsterùngen des Teùfels, am offnen Fenster, obschon es schon sehr spät ù kalt war schaùte in die dùnkle Nacht; beten konnte ich nicht, weinen aùch nicht, ich war wie eine Verzweifelte, meine Brùst drohte[10] zù springen, entschloß mich vorläùfig nicht zù kommùnizieren. Was nùn machen? - So zù Bett geh'n konnte ich nicht, ich sprang aùf, befahl dem Bösen mit Weihwasser zù weichen, welcher mich ohne daß ich es bedachte so ganz eine zeitlang in seiner Gewalt genommen hatte; ging zùr Kapelle[11] - Etwas mùßte ich thùn ùm meiner Fùrchtbaren Stimmung eine andere Wendùng zù geben. Dort p3Dort angekommen fühlte ich mich am h. Orte, im traùlichen Dùnkel behaglicher, ich versùchte zù beten, welches mir gelang nachdem ich den Eingebùngen des Teùfels kein Gehör mehr gab ù mich so recht in Gegenwart[12] Gottes versetzte. Ich betrachtete das Leiden ùnseres Heilandes, wùrde folgedessen[13] so von Reùe über meine Sünden ergriffen, daß ich in einen heißen, Flùß von Tränen aùsbrach, 0. wie wol[14] that mir dieses; Unter bittersten Reùethränen bat ich Gott nochmals wie eine reinmuthige Magdalena ùm Verzeihùng. Dann war es mir als wenn ich die Worte hörte: „Sei getroßt, deine Sünden sind dir vergeben„. Ich fühlte daß zùm Lohn meiner Tränen Trost in mein armes Herz geträùfelt[15] wùrde, ich wùrde rùhig, zùletzt selig im Gebete. p4Welche Veränderùng! Jetzt war ich glücklich!, jetzt schien mir sich der ganze Himmel zù öffnen.
Von dieser Stùnde an, habe ich mich Jesùs ganz geweiht ù. die besten Vorsätze[16] gemacht; Jesu den ich renmüthige[17] Magdalena, als meinen einzigen Geliebten aùserwählt habe wird mir beisteh’n, daß ich das, welches ich mir an jenem ùnvergeßlichen Abend vorgenommen,[18] erfülle. Es ist zùr jetzigen Stùnde, noch fortwährend[19] mein Gedanke,[20] für ihn ù mit ihm, bete ich allen Versùchùngen Trotz daran ich noch sehr viel aùsgesetzt werde.[21]
O! ich sehe jetzt so recht ein welch ein Süßes Glück es ist, nùr in Gott zù leben. Ach! würde ich doch nie mehr, einen Schritt von dem angefang'nen Weg abweichen. Doch ich will nicht dieses ist mein entschied’ner Vorsatz, also kann es ohne meinen Willen nicht anders.p5Nùn ehrwürd’ger lieber Vater können Sie mein Glück begreifen ù mit mir Gott danken. Fest überzeùgt bin ich davon, daß Ihr frommes Gebet in der h. Messe Schùld an meiner aùfrichtigen Bekehrung ist ù nùr Ihre liebevolle Leitùng mit welcher Sie mich arme Sünderin leiteten, hat mich so weit gebracht. hätte ich nicht einen solch' gùten Beichtvater gehabt, wer weiß wie es jetzt ùm mich stände? Wie wird Gott Sie segnen!
Am vorigen Sonntag ehrwürd’ger Vater wollte ich kommen, konnte aber nicht nùn kann ich erst zùm anderen Sonntag, bis dahin ist noch lange, konnt[22] nicht so lange warten dazù. wünschten Sie aùch daß ich wissen lasse wie es ùm mich stände, deshalb, förd’re ich dieses Schreiben. Bitte entschùligen[23] Sie mein übereiltes Schreiben, es ist Zeitmangel Schùld daran. p6Heùte hörte ich daß wir erst zùm Januar nach Brügge kommen[24] das ist doch noch sehr lange, doch ich mùß mich gedùlden. Am Sonntag wollte die gnädige Fraù mich so gerne nach Lophem haben ùm zù Beichten, ich sagte daß ich lieber noch acht Tage warten wollte. Hoffendlich[25] langweile ich Sie nicht, leben Sie wol ich bete viel für Sie. Empfielt[26] sich in Ihren Gebeten